Die Wahl für mein Auslandssemester in den USA fiel mir recht leicht. Das lag zum einen an der übersichtlichen Auswahl an Partneruniversitäten, aber zum anderen auch an den gesammelten Erfahrungen meiner bisherigen Auslandsaufenthalte.
Nachdem ich als Au-Pair in Spanien, Work & Travellerin in Australien und als Praktikantin in den Emiraten mit einem anschließenden Südostasienaufenthalt war, gab es nicht mehr so viele Kontinente, die mich für mein Auslandsstudium reizten. Da ich mich zudem für Südafrika eher als Fernreisedomizil interessiere, stand für mich nach recht kurzer Zeit fest: ich werde für einen Teil meines Studiums an einer amerikanischen Universität studieren. Wow :) ! Doch wie ist es eigentlich als Deutsche in den Staaten zu studieren? Was wird mich erwarten? Wie sind die Menschen dort und wie verhalten sie sich? Werde ich einen großen Unterschied merken oder ist es ähnlich wie zu Hause in Deutschland? Solche Fragen und auch einige Voreingenommenheiten nahmen einen Teil meiner Gedanken ein, während ich mich auf mein Studium in den USA vorbereitete. Meine persönlichen Klischeevorstellungen von der amerikanischen Kultur
Generell habe ich überhaupt keine Probleme mit anderen Kulturen oder Personen. Mich interessiert es wenig, woher mein Gegenüber kommt. Hauptsache, ich kann mich gut ihm oder ihr unterhalten und lachen. Alles andere ist hinfällig! Dies ist meiner Meinung nach auch eine sehr wichtige Einstellung, um eine aufregende und prägende Auslandserfahrung zu haben.
Dennoch hat jeder einzelne von uns bestimmte Assoziationen, die er mit anderen Kulturen verbindet. So sind wir Deutschen im Ausland bekannt für unsere Pünktlichkeit, unseren Ehrgeiz, unseren Ernst und vielleicht auch unsere Steifheit im Vergleich zu manch südländischen Kulturen. Lernt man uns aber erstmal richtig kennen, stellt sich schnell heraus, dass auch wir Deutschen sehr viel Spaß am Leben haben und dass unser Ehrgeiz und unsere Genauigkeit sehr viel Erfolgspotential hat. Ebenso haben wir Deutschen bestimmte Klischeevorstellungen von anderen Kulturen, so auch ich von der amerikanischen. Die Punkte, die ich im Nachfolgenden beschreibe, sind meine eigenen wertfreien Gedanken vor meinem Auslandsaufenthalt in den USA gewesen. Sie sind komplett neutral, in keiner Weise negativ zu bewerten und beruhen auf persönliche Begegnungen und Erfahrungen. „Die amerikanische Highschool birgt viele Gefahren“
Wenn ich an Amerika gedacht habe, hatte ich als Erstes die Highschool-Filme im Kopf. Gibt es wirklich diese ganzen Cliquen, wie die „Cheerleader“, die „Cool Kids“ und die „Loser“? Werden diese Gruppierungen an der Uni weitergeführt und werde ich persönlich dieser Dynamik im Rahmen meines Auslandsstudiums an meiner Universität auch begegnen? Was ist mit den Verbindungen und Clubs, in die man nur schwer reinkommt oder Mutproben bestehen muss? Meine Antwort auf diese Fragen im Vorweg war, dass diese typischen amerikanischen Filme das junge Publikum ansprechen sollen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Filme schon die Realität widerspiegeln, aber wahrscheinlich in überspitzter Form.
„In den Staaten gibt es wenig zu lernen und es ist alles einfach“
Wenn du dir bereits den Artikel zum amerikanischen Bildungssystem durchgelesen hast, weißt du sicher, dass das Niveau der ersten Studienjahre am College eher der gymnasialen Oberstufe in Deutschland entspricht.
Zudem bekam ich stets zu hören, dass ein Studium in den Staaten nicht mit einer deutschen Ausbildung zu vergleichen und somit leicht zu bestehen ist. Der Grund dafür sei unter anderem, dass die Amerikaner viel mehr Wert auf Freizeitaktivitäten und ihre Sportteams legen, um somit Prestige zu erlangen und besser im Hochschulranking abzuschneiden. So war die Reaktion anderer auf mein Auslandssemester in den USA eher ein belächelndes Nicken mit dem Nebensatz „Ja ja, studieren gehst du dort also...da wirst du bestimmt viel Spaß haben ;)“. Doch wie kann es sein, dass viele amerikanische Unternehmen als Vorreiter für die ganze Welt gelten? Wenn sie ihr Wissen nicht aus dem Studium haben, wie sind sie dann auf die disruptiven neuen Ideen und Geschäftsmodelle gekommen? „Die Amerikaner sind oberflächlich und du kannst keine tiefgründigen Gespräche führen“
Als ich nach dem Abitur nach Australien ging, war ich von den Menschen dort komplett überrascht. Alle waren so freundlich zu mir. Als ich auf der Straße einmal verwirrt aussah, wurde ich sofort angesprochen, ob ich Hilfe bräuchte. Und das auf eine Art und Weise, die ich komplett ernst nehmen konnte, ohne ein Aufdrängen oder eine Aufgesetztheit zu verspüren. Diese begeisternden Erfahrungen teilte ich mit meinen Mitmenschen, welche das nur bestätigen konnten.
Im Nachsatz kam häufiger „Nicht so wie bei den Amerikanern, da ist alles nicht echt!“, was mich zum Nachdenken brachte. Sind die Amerikaner wirklich so aufgesetzt und oberflächlich? Gibt es nicht die Möglichkeit, ernsthafte und tiefgründige Gespräche zu führen? Ich konnte mir das gar nicht vorstellen, da doch jeder einzelne von uns seine persönlichen Gedanken teilen und reflektieren möchte, oder etwa nicht? „In den Staaten gibt es nur teures gesundes Essen oder Fast Food und das in XXL“
Ein typisches „Diner“- nein, besser: ein typisches amerikanisches „Diner“, in dem man leckere Burger mit Pommes und dazu einen großen „Strawberry-Milchshake“ bestellt. Die Metapher für das typische amerikanische Essen. Als Alternative gäbe es da noch die amerikanischen Pizzen mit den dicken Böden oder einer riesen Box „Chicken Wings“. Wer es lieber süß mag, den machen „Pancake“ mit Ahornsirup oder der Bagel mit „Cream Cheese“ und „Peanut Butter“ glücklich.
Eine Freundin sagte nur zu mir: „Solltest du auf dem gesunden Trip sein, hättest du für dein Auslandssemester in ein anderes Land reisen sollen.“ Denn es gäbe ja bekanntlich unzählige Geschichten über Auslandsaufenthalte in den Staaten, die mit einer Gewichtszunahme verbunden sind. Aber ist nicht insbesondere der Staat Kalifornien sportlich orientiert? Und wie sind die amerikanische Kultur und das Studium an einer amerikanischen Universität nun wirklich?
Um es gleich vorweg zu sagen: jeder sollte sich stets sein eigenes subjektives Bild machen. Jeder Mensch ist ein Individuum. So sind auch die Eindrücke subjektiv und beruhen auf persönlichen Erfahrungen, die unterschiedlich wahrgenommen werden.
So kann ich nach der ersten Zeit meines Auslandsstudiums hier in den USA nur positives berichten. Es mag vielleicht auch an dem „Sunshine State California“ liegen, der von der hispanischen positiven Mentalität und den „Summer Vibes“ beeinflusst wird. Ich jedenfalls fühle mich hier in den Staaten pudelwohl und kann keine negative Assoziation bestätigen. The Real American College Life
Als ich das erste Mal den Campus meiner amerikanischen Universität betrat, war ich einfach nur „geflasht“. Es sah genauso aus, wie ich es mir nach zahlreichen amerikanischen „Highschool“ und „College“ Filmen optisch vorgestellt habe. Der Campus ist riesig, es gibt zahlreiche Fakultäten, umsäumt von grünen Wiesen zum Abhängen. Die Mensa wird ersetzt durch einen „Foodcourt“ inklusive „Coffeeshop“ und es gibt unzählige Sitzmöglichkeiten, die mit Solardächern und Ladestationen ausgestattet sind. Hier in den Staaten wird die Uni zu einem vielseitigen Ort, an dem man gerne seine Studienzeit und Lernphasen verbringt. Abgerundet wird das Unigelände durch einen atemberaubenden Sportkomplex, der alles (und ich meine wirklich ALLES) zu bieten hat. Im Vergleich zu diesem Sportzentrum sieht jedes andere Fitnessstudio alt aus.
Ein paar Tage nach dem offiziellen Semesterstart, an dem nun alle Amerikaner nach dem allgemein bekannten„Spring Break“ zurück waren, gab es dann die offizielle Club- und Organisationsvorstellung. Beim Vorbeischlendern an den verschiedenen Ständen wurde wir stets angesprochen, ob wir Interesse hätten, uns für die offiziellen Einführungsveranstaltungen der Clubs einzuschreiben. Dass wir internationale Studenten waren, war dabei besonders interessant und sorgte für keinerlei Abschreckung. Alle waren offen und wollten, dass wir dazu gehören. Bis auf die Verbindungen, die saßen in einer gesonderten Ecke auf ihren mitgebrachten Sofas und warteten darauf, dass sie von den Studenten angesprochen werden. Um einer Verbindung beizutreten, müssen jedoch Mutproben bestanden werden. Dies kann von Wasserbombenabwurf bis zum Fechtduell gehen, je nachdem, wie die Gruppe gerade drauf ist. Du merkst, das echte Studentenleben in den USA ähnelt den Darstellungen in Film und Fernsehen. Meinen Eindrücken nach aber mit einem viel freundlicheren Umgangston und einer ehrlichen Offenheit gegenüber „Newbies“. Also nichts, vor dem es sich zu „fürchten lohnt“. Anforderungen einer U.S. Uni
Insgesamt habe ich vier Kurse, welche einem Arbeitsaufwand von drei bis vier Units, also ca. 8 ECTS entspricht. Vor meinem Abflug in mein Auslandssemester in den USA war ich recht zuversichtlich und hoch motiviert, diese Kurse zu besuchen und dazu noch zwei bis drei weitere Aufgaben aus Deutschland bearbeiten zu können. Es hatte mir ja jeder gesagt, dass das Studium entspannt wird und ich viel Freizeit haben werde.
Inzwischen versuche ich mithilfe meines Gant Diagramms alle meine Hausaufgaben (ja, Hausaufgaben) mit meinen anderen Aufgaben und dem Wunsch, so viel vom Land zu sehen wie möglich, zu vereinen. Meine Kurse sind nicht unbedingt schwer und auch super interessant, allerdings ist ein Studium hier in den Staaten mit sehr viel Selbststudium und verbindlichen Hausaufgaben verbunden. Dabei handelt es sich in der Regel um das kontinuierliche Lesen von wissenschaftlichen Büchern, die teilweise mit Kurztests überprüft werden. Ergänzt werden die Aufgaben mit „Case Studies“ und „Written Assignments“, welche alle benotet werden. Der Vorteil dieser Studienform liegt auf der Hand: du setzt dich regelmäßig mit den verschiedenen Themen deines Kurses auseinander und gehst mithilfe von wissenschaftlichen Büchern sehr tief ins Detail. Gleichzeitig wiederholst du regelmäßig die gelernten Inhalte. Für mich persönlich eine sehr gute Studienform, die meiner Meinung nach auch in Deutschland eingeführt werden sollte. Denn sie verhindert das „Bulimie-Lernen“ und etabliert einen langfristigen und nachhaltigen Lernprozess. Folglich kann ich die Aussage „während eines Studiums in den USA lernt man nichts“ in keiner Weise bestätigen. Es ist eine andere Ausbildungsform und meiner Meinung nach eine sehr nachhaltige, da ich mich auf eine vielseitige Art und Weise mit meinen Kursinhalten beschäftige. Die amerikanische Persönlichkeit
Mit jedem Amerikaner, den ich bisher kennen gelernt habe, hatte ich gute und interessante Gespräche. Als deutscher Auslandsstudent bist du sehr interessant, teilweise exotisch, weil du aus so weiter Ferne kommst. Die Amerikaner hingegen reisen wenig. Es gibt einige, die sind noch nicht einmal in die Nachbarstaaten gereist. Fragt man nach den Gründen, können sie dir keine genaue Antwort geben.
Nichtsdestotrotz sind die alle Einheimischen neugierig und freuen sich, neue Leute kennen zu lernen. Dies hindert sie auch nicht daran, dich an der Kasse vom Supermarkt oder an der Bushaltestelle anzusprechen. Merken sie deinen Akzent, werden sie sogar noch neugieriger und wollen viel über dein Heimatland erfahren. Ebenso sind tiefgründige Gespräche möglich, sofern du die Person schon etwas besser kennst. Denn auch in den USA gibt es den Wunsch der Selbstverwirklichung oder auch die Frage nach dem Sinn des Lebens. Ich bin sogar der Meinung, dass die Amerikaner uns in dem Teil voraus sind, dass sie das Motto „Carpe Diem“ ernster nehmen, als wir es tun. Somit kann ich auch dieses Vorurteil von Oberflächlichkeit und „Fake“ nicht unbedingt bestätigen. Ich bin der Meinung, dass ich im Rahmen meines Studiums hier in Amerika keine Probleme haben werde, anregende Gespräche zu führen und nachhaltige Freundschaften zu schließen. Ernährung in den USA
In den Staaten gibt es eigentlich fast alles. Das bedeutet auch eine große Auswahl an Lebensmittelläden und Restaurants, sodass du auch mal etwas anderes essen kannst als „Burger“ oder „Pancake“. Generell ist jedoch zu sagen, dass es eine größere Auswahl an „Burger“ Läden und besonders in Kalifornien auch an mexikanischen Restaurants gibt, in denen meist große Portionen serviert werden. Brezel liegen derzeit auch total im Trend - nichts geht jedoch über die Originale aus Europa ;).
Es ist aber ebenso möglich, in jedem bekannten Supermarkt frische und vollwertige Lebensmittel zu humanen Preisen zu kaufen. Die gerade in Deutschland bekannt gewordenen „Pokebowls“ gibt es in den Staaten an jeder Ecke und bieten sich optimal als gesunde „Fast Food" Variante an. Somit muss das oben erwähnte Klischee in soweit geändert werden, dass es zwar eine große Auswahl an verlockenden ungesunden „Treats“ gibt, die auch alle in Übergröße zu bestellen sind. Du hast aber auch immer die Wahl für eine gesunde erschwingliche Variante. Zudem haben alle Lebensmittel Nährwertangaben, sodass du stets deinem Gesundheits-Gewissen etwas vorweisen kannst. Die Entscheidung liegt also komplett bei dir! Wrap Up - American Culture
Du merkst, Kultur ist relativ und kann nicht objektiv beurteilt werden. Wir Menschen haben nämlich sogenannte „Blind Spots“. Was also für den einen zutreffen mag, stimmt überhaupt nicht mit der Meinung des anderen überein.
Was bedeutet das nun für dich? Einfach selber ausprobieren und für eine zeit lang in die amerikanische Kultur eintauchen! Wenn du mit offenen Augen und aufgeschlossen für dein Studium in die USA gehst, wirst du garantiert tolle Erfahrungen sammeln.Vielleicht mag die eine Persönlichkeit dir mehr zusagen als die andere. Vielleicht werden doch einige meiner genannten Vorurteile zutreffen oder es gibt noch weitere, wer weiß. Du solltest es aber auf jeden Fall selber ausprobieren und dich von der amerikanischen Kultur einmal mitreißen lassen. Bist du aufmerksam, empathisch und offenherzig, werden dir deine Mitmenschen sehr viel geben können. So kann dein Auslandsstudium in den USA nur ein Mehrwert sein und dich persönlich weiterentwickeln (Schau dir doch mal meinen Beitrag zur persönlichen Weiterentwicklung an). Solltest du bereits noch andere Erfahrungen mit dem „American Lifestyle“ gemacht haben, freu ich mich auf dein Feedback oder Kommentare. Denn wie gesagt, jeder nimmt es anders wahr und es ist immer spannend, welche Erfahrungen andere Studenten während ihres Auslandsstudiums gesammelt haben.
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